Vor zehn Jahren: Der Nationalrat debattiert die dringende Strafnormerweiterung des Strafgesetzbuches

Am 11. März 2015 debattierte der Nationalrat über die von Nationalrat Mathias Reynard eingebrachte Initiative zur Anpassung des Artikels 261 des Strafgesetzbuches über die Diskriminierung aufgrund der Rasse, Ethnie und Religion. Verlangt wurde die Ausweitung des Diskriminierungsverbotes auf die sexuelle Orientierung – überging allerdings den Schutz vor Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität. Die Gegner*innen befürchteten bei Annahme der Vorlage um ihre Meinungsfreiheit.

Schlussendlich in Kraft trat übrigens die mit dem Schutz der sexuellen Orientierung erweiterte Rassismus-Strafnorm am 1. Juli 2020 nach einer Volksabstimmung im Februar 2020.

→ zum Blogbeitrag vom 10. März 2015

Frau – Mann – Divers

Bereits seit Ende 2018 haben in Deutschland trans, nicht-binäre und intergeschlechtliche Menschen die Möglichkeit, beim Eintrag ins Personenstandsregister ausser «männlich» und «weiblich» auch «divers» oder «ohne» zu wählen. Damit gehört Deutschland zu den wenigen Staaten weltweit, die die Existenz von mehr als zwei Geschlechtern rechtlich anerkennen.

Übrigens: Deutschland ist in Sachen «Divers» der Schweiz einen wesentlichen Schritt voraus: Denn bereits im Dezember 2022 kam der Bundesrat in einem Bericht zum Schluss, dass die Auswirkungen eines neuen Geschlechtermodells in der Gesellschaft «noch nicht ausreichend diskutiert» worden sei und deshalb die Voraussetzungen für die Einführung eines dritten Geschlechts «derzeit» nicht gegeben ist.

Und im Land von Trump und Konsorten? Da müssen aufgrund einer «Executive Order» vom Januar 2025 Einreisende in Zukunft bei Anträgen für ein Visum entweder das Geschlecht «männlich» oder «weiblich» angeben – und zwar der Geschlechtseintrag der antragstellenden Person zum Zeitpunkt der Geburt.

Diese neue alte Regelung veranlasst das Auswärtige Amt Deutschlands einen Reise- und Sicherheitshinweis zu den USA zu veröffentlichen: Da steht nun also: «Reisende, die den Geschlechtseintrag «X» innehaben oder deren aktueller Geschlechtseintrag von ihrem Geschlechtseintrag bei Geburt abweicht, sollten vor Einreise die zuständige Auslandsvertretung der USA in Deutschland kontaktieren und die geltenden Einreisevoraussetzungen in Erfahrung zu bringen». Dabei bleibt völlig unklar, ob nun die USA tatsächlich gültige deutsche Reisepässe nicht (mehr) anerkennt und Menschen, die sich weder als «männlich» noch «weiblich» einordnen wollen oder können bei der Einreise abweisen.

Sollte die USA tatsächlich trans, nicht-binäre und intergeschlechtliche Menschen die Einreise verbieten ist dies nicht nur ein Eingriff in deutsche Angelegenheiten, sondern schlicht rechtswidrig.

Die von Donald Trump am 20. Januar 2025 unterzeichnete «Executive Order» trägt übersetzt den Titel «Schutz der Frauen vor geschlechterideologischem Extremismus und Wiederherstellung der biologischen Wahrheit». Mit dieser Anordnung anerkennt die US-Regierung nur noch zwei Geschlechter: männlich und weiblich und so wurden zahlreiche Schutzmassnahmen und das Recht auf Selbstidentifikation für trans, nicht-binäre und intergeschlechtliche Menschen abgeschafft. Zudem darf in offiziellen Dokumenten nur noch das bei Geburt zugewiesene Geschlecht eingetragen werden.

Dieser schreckliche Backlash in den USA ist schlicht ein Angriff auf die Menschrechte!

Diskriminierung von Menschen mit HIV bleibt eine bittere Realität

In der Schweiz leben knapp 20’000 Menschen mit HIV. Seit den 2000er Jahren hat sich die medikamentöse Behandlung deutlich verbessert. In der Schweiz ist die Lebenserwartung von Menschen mit HIV mittlerweile gleich hoch wie in der Gesamtbevölkerung.

Der Diskriminierungsbericht 2024 der Aids-Hilfe Schweiz beleuchtet die anhaltenden Schwierigkeiten, mit denen Menschen mit HIV konfrontiert sind, und dokumentiert Fälle von Diskriminierung im vergangenen Jahr 2024. Besonders alarmierend ist, dass ein signifikanter Anteil dieser Vorfälle im Gesundheitssektor auftritt, was die psychische Gesundheit der Betroffenen stark beeinträchtigt. Menschen mit HIV werden in Arztpraxen und Spitälern abgewiesen, erhalten unnötige Sonderbehandlungen oder erleben, dass ihre Diagnose ohne Einwilligung offengelegt wird.

Zusätzlich rückt die Altersfrage stärker in den Fokus. Der Altersmedian von Menschen mit HIV in der Schweiz liegt inzwischen bei 54 Jahren, mehr als die Hälfte sind zwischen 45 und 64 Jahre alt. Die Zahl älterer Menschen mit HIV wird weiter steigen. Besonders in der geriatrischen Versorgung – also der medizinischen Betreuung älterer Menschen – fehlt es jedoch immer wieder an Wissen über HIV, was zu Fehlbehandlungen und unnötiger Stigmatisierung führt. Fachpersonen müssen besser geschult werden, um eine diskriminierungsfreie Versorgung sicherzustellen.

Andreas Lehner, Geschäftsleiter der Aids-Hilfe Schweiz, äussert sich besorgt: «Die aktuellen Zahlen sollten als dringender Weckruf dienen. Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass Menschen mit HIV sowohl im Gesundheitswesen als auch in anderen Lebensbereichen Diskriminierung erfahren. Insbesondere der Umgang mit älteren Menschen, die mit HIV leben, bereitet uns grosse Sorgen. Sie haben oft jahrzehntelange Diskriminierung erlebt, auch die traumatischen Zeiten von Aids. Eine gezielte Schulung von Fachpersonen, um Diskriminierung zu erkennen und zu verhindern, ist unabdingbar.»

Quelle: Medienmitteilung der Aids-Hilfe Schweiz, 26. Februar 2025

PS. Danke lieber Max, dass du dich mutig zeigst und dich hinstellst: «Hier sind wir!». Du bist ja seit Jahren unermüdlich aktivistisch für unsere queere Community unterwegs – und dafür schätze und bewundere ich dich. Vielen Dank!