Im November 2024 ist im Auftrag von Amnesty Schweiz eine Studie veröffentlicht worden, die queerfeindliche Gewalt und Diskriminierung sowie die Wahrnehmung der queeren Gemeinschaft in der Schweizer Bevölkerung beleuchtet.
Fazit aus der Befragung: Die Bevölkerung hegt mehrheitlich Sympathien und zeigt sich tolerant. Zugleich beobachten queere Personen aber eine Zunahme von Vorurteilen, Intoleranz und Gewalt aufgrund politischer Stimmungsmache, die sich insbesondere gegen trans und intergeschlechtliche Menschen richtet.
Zudem herrscht zwischen theoretischer Zustimmung zu Werten und praktischer Akzeptanz im Alltag eine gewisse Diskrepanz und Widersprüchlichkeit. So betrachten viele das Ausleben der eigenen Sexualität klar als Grundrecht, die Hälfte der Bevölkerung stört sich aber gleichzeitig daran, wenn sich zwei Männer auf offener Strasse küssen.
Spannend: Auf die Frage, ob queere Personen im Verhältnis zum Rest der Bevölkerung zu viel Beachtung erhalten würden, antworteten:
- 12 Prozent der Befragten mit «absolut nicht einverstanden»
- 21 Prozent mit «eher nicht einverstanden»
- 31 Prozent mit eher einverstanden»
- 29 Prozent «sehr einverstanden»
Dass die Tamedia-Zeitungen (Tages-Anzeiger) in ihrer Berichterstattung ausgerechnet vor allem über diesen Punkt berichtete – Überschrift: «Mehrheit der Schweizer Bevölkerung sieht zu viel Beachtung für Queere» – ist eigentlich nicht verwunderlich. Die Erkenntnis, dass für queere Personen aber Vorsicht im Alltag oft notwendig ist, um Diskriminierungen oder Anfeindungen zu vermeiden, bleibt aber unerwähnt.
Jede dritte Person hat Gewalt erlebt
Ein erheblicher Teil der befragten Personen in der queeren Gemeinschaft hat regelmässig Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht. Beleidigungen, Bedrohungen und unangemessenes Anstarren sind für viele mehr oder weniger alltäglich.
«Schockierend ist, dass etwa jede dritte Person in den letzten fünf Jahren körperliche oder sexuelle Übergriffe erlebt hat – die meisten dieser Vorfälle werden jedoch nie gemeldet, die Dunkelziffer ist hoch». Marc Schmid, Queeramnesty.
Zwar habe die zunehmende öffentliche Sichtbarkeit von queeren Personen sowie Fortschritte in Recht und Gesetz dazu beigetragen, Vorurteile, Intoleranz und Gewalt zu reduzieren. Die politische Agitation gegen trans und intergeschlechtliche Personen mache diese Fortschritte aber teilweise zunichte. Gerade männliche, ältere, politisch rechtsstehende Personen und Menschen, die religiös sind, neigten dazu, sich weniger mit den Anliegen und Herausforderungen von queeren Menschen auseinanderzusetzen und ablehnende Haltungen zu zeigen.
Bleiben wir «woke» – wachsam gegenüber Ungerechtigkeiten und Diskriminierung
Auch in der Schweiz – nicht nur im Ausland – versuchen politische Akteure, religiöse Führer und Personen des öffentlichen Lebens, trans Personen zu instrumentalisieren, um ihre antidemokratische politische Agenda durchzusetzen. Dabei werden traditionelle Familienbilder und Geschlechterrollen propagiert und die Existenz von trans und nicht-binären Personen mit dem Hinweis abgetan, es gebe nur zwei unveränderbare Geschlechter. Gegen diesen auf uns zurollende Backlash müssen wir uns als geeinigte LGBTIQ+ Community wehren, denn er trifft schlussendlich auch die Menschen, die sich mit den Buchstaben L, G und B in unsere Community einordnen.
Quelle: Amnesty Schweiz | gfs.bern