Kategorie: aktivistisch

Ungarn verbietet Pride

In Bern freuen wir uns bereits sehr auf unsere Pride vom 2. August dieses Jahres, denn eine Pride ist viel mehr als nur eine farbenfrohe Feier – es ist eine Demonstration für Gleichberechtigung und Akzeptanz, die den Ursprung in den Stonewall-Unruhen vom Juni 1969 in New York haben, als sich queere Menschen endlich gegen die willkürlichen Polizeirazzien wehrten. Deshalb ist es für mich unbegreiflich, dass Ungarn nun die Durchführung einer Pride verbietet.

Beschlossen wurde das Verbot der Pride im ungarischen Parlament in Budapest im Eilverfahren mit 137 Ja- und 27-Nein-Stimmen. Personen, die sich nicht an das Verbot halten, droht eine Geldstrafe von rund 480 Franken – gleichgültig ob du nun Teilnehmer*in oder Organisator*in bist. Dabei soll eine Gesichtserkennungssoftware eingesetzt werden. Begründet wird das Verbot mit dem Kinderschutz. Bereits seit 2021 verbietet Ungarn Kindern und Jugendlichen den Zugang zu Informationen über nicht heterosexuelle Lebensformen. Entsprechende Bücher, Filme und andere Medien dürfen demnach nicht für Minderjährige zugänglich sein.

Und bereits plant die ungarische Regierung unter dem rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán eine Verfassungsänderung, nach der ein Mensch ausschliesslich als Mann oder Frau definiert wird. Seit Dezember 2020 schreibt Ungarns Verfassung zudem vor, dass eine Mutter nur eine Frau und ein Vater nur ein Mann sein kann.

Die erste «Budapest Pride» fand übrigens 1997 statt – und bis zur Pride im Juli 2007 gab es nur vereinzelte Proteste. 2003 skandierte Rechtsradikale Parolen wie «Dreckige Schwule». 2004 bliesen christliche Aktivisten in Trillerpfeifen und hielten Schilder mit Bibelzitaten hoch, 2005 und 2006 verhöhnten Neonazis und Rechtsextreme die Teilnehmenden. Während der Pride im Juli 2007 kam es dann zu grossen Proteste. Mehrere hundert Polizisten eskortierten den Umzug in voller Kampfmontur. Gegendemonstrant*innen skandierten «Dreckige Schwuchteln!» und warfen Eier und leere Bierdosen auf die Teilnehmenden der Pride. Die Polizei konnte einen brutaleren Angriff auf die Parade nur knapp verhindern. Jahr für Jahr wurde der Druck gegen die «Budapest Pride» grösser und gipfelt nun in diesem Jahr mit dem Verbot.

Ungarn gehört seit 2004 zur Europäischen Union.

Frau – Mann – Divers

Bereits seit Ende 2018 haben in Deutschland trans, nicht-binäre und intergeschlechtliche Menschen die Möglichkeit, beim Eintrag ins Personenstandsregister ausser «männlich» und «weiblich» auch «divers» oder «ohne» zu wählen. Damit gehört Deutschland zu den wenigen Staaten weltweit, die die Existenz von mehr als zwei Geschlechtern rechtlich anerkennen.

Übrigens: Deutschland ist in Sachen «Divers» der Schweiz einen wesentlichen Schritt voraus: Denn bereits im Dezember 2022 kam der Bundesrat in einem Bericht zum Schluss, dass die Auswirkungen eines neuen Geschlechtermodells in der Gesellschaft «noch nicht ausreichend diskutiert» worden sei und deshalb die Voraussetzungen für die Einführung eines dritten Geschlechts «derzeit» nicht gegeben ist.

Und im Land von Trump und Konsorten? Da müssen aufgrund einer «Executive Order» vom Januar 2025 Einreisende in Zukunft bei Anträgen für ein Visum entweder das Geschlecht «männlich» oder «weiblich» angeben – und zwar der Geschlechtseintrag der antragstellenden Person zum Zeitpunkt der Geburt.

Diese neue alte Regelung veranlasst das Auswärtige Amt Deutschlands einen Reise- und Sicherheitshinweis zu den USA zu veröffentlichen: Da steht nun also: «Reisende, die den Geschlechtseintrag «X» innehaben oder deren aktueller Geschlechtseintrag von ihrem Geschlechtseintrag bei Geburt abweicht, sollten vor Einreise die zuständige Auslandsvertretung der USA in Deutschland kontaktieren und die geltenden Einreisevoraussetzungen in Erfahrung zu bringen». Dabei bleibt völlig unklar, ob nun die USA tatsächlich gültige deutsche Reisepässe nicht (mehr) anerkennt und Menschen, die sich weder als «männlich» noch «weiblich» einordnen wollen oder können bei der Einreise abweisen.

Sollte die USA tatsächlich trans, nicht-binäre und intergeschlechtliche Menschen die Einreise verbieten ist dies nicht nur ein Eingriff in deutsche Angelegenheiten, sondern schlicht rechtswidrig.

Die von Donald Trump am 20. Januar 2025 unterzeichnete «Executive Order» trägt übersetzt den Titel «Schutz der Frauen vor geschlechterideologischem Extremismus und Wiederherstellung der biologischen Wahrheit». Mit dieser Anordnung anerkennt die US-Regierung nur noch zwei Geschlechter: männlich und weiblich und so wurden zahlreiche Schutzmassnahmen und das Recht auf Selbstidentifikation für trans, nicht-binäre und intergeschlechtliche Menschen abgeschafft. Zudem darf in offiziellen Dokumenten nur noch das bei Geburt zugewiesene Geschlecht eingetragen werden.

Dieser schreckliche Backlash in den USA ist schlicht ein Angriff auf die Menschrechte!

Diskriminierung von Menschen mit HIV bleibt eine bittere Realität

In der Schweiz leben knapp 20’000 Menschen mit HIV. Seit den 2000er Jahren hat sich die medikamentöse Behandlung deutlich verbessert. In der Schweiz ist die Lebenserwartung von Menschen mit HIV mittlerweile gleich hoch wie in der Gesamtbevölkerung.

Der Diskriminierungsbericht 2024 der Aids-Hilfe Schweiz beleuchtet die anhaltenden Schwierigkeiten, mit denen Menschen mit HIV konfrontiert sind, und dokumentiert Fälle von Diskriminierung im vergangenen Jahr 2024. Besonders alarmierend ist, dass ein signifikanter Anteil dieser Vorfälle im Gesundheitssektor auftritt, was die psychische Gesundheit der Betroffenen stark beeinträchtigt. Menschen mit HIV werden in Arztpraxen und Spitälern abgewiesen, erhalten unnötige Sonderbehandlungen oder erleben, dass ihre Diagnose ohne Einwilligung offengelegt wird.

Zusätzlich rückt die Altersfrage stärker in den Fokus. Der Altersmedian von Menschen mit HIV in der Schweiz liegt inzwischen bei 54 Jahren, mehr als die Hälfte sind zwischen 45 und 64 Jahre alt. Die Zahl älterer Menschen mit HIV wird weiter steigen. Besonders in der geriatrischen Versorgung – also der medizinischen Betreuung älterer Menschen – fehlt es jedoch immer wieder an Wissen über HIV, was zu Fehlbehandlungen und unnötiger Stigmatisierung führt. Fachpersonen müssen besser geschult werden, um eine diskriminierungsfreie Versorgung sicherzustellen.

Andreas Lehner, Geschäftsleiter der Aids-Hilfe Schweiz, äussert sich besorgt: «Die aktuellen Zahlen sollten als dringender Weckruf dienen. Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass Menschen mit HIV sowohl im Gesundheitswesen als auch in anderen Lebensbereichen Diskriminierung erfahren. Insbesondere der Umgang mit älteren Menschen, die mit HIV leben, bereitet uns grosse Sorgen. Sie haben oft jahrzehntelange Diskriminierung erlebt, auch die traumatischen Zeiten von Aids. Eine gezielte Schulung von Fachpersonen, um Diskriminierung zu erkennen und zu verhindern, ist unabdingbar.»

Quelle: Medienmitteilung der Aids-Hilfe Schweiz, 26. Februar 2025

PS. Danke lieber Max, dass du dich mutig zeigst und dich hinstellst: «Hier sind wir!». Du bist ja seit Jahren unermüdlich aktivistisch für unsere queere Community unterwegs – und dafür schätze und bewundere ich dich. Vielen Dank!