Kategorie: aktivistisch

Enkelkinder sind nicht zwangsläufig das «wahre Glück»

Am 4. August 2025 war in den Zeitungen von Tamedia unter dem Titel «Sind Enkelkinder das wahre Glück?» eine Kolumne von Tina Huber zu lesen, die gerade vor allem für uns älteren queeren Menschen spannend ist. Die Antwort auf die Frage beantwortet die Autorin eingangs der Kolumne: «Für viele schon. Aber man muss die Sache differenziert betrachten.»

Tina Huber beginnt ihre Kolumne mit einem Zitat des amerikanischen Harvard-Soziologen Arthur C. Brooks: «Kinder etwa machen erst richtig glücklich, wenn sie ausgezogen sind. Und Grosskinder erst!» Stimmt das, sind Grosskinder das wahre Glück? Tina Huber stellt fest: «Wenn wir vom Idealfall ausgehen, dass man sich in der Familie nah ist, emotional wie räumlich: Dann werden das viele Grossmütter und Grossväter bestätigen. Man erlebt all die schönen Momente mit Kindern minus den Stress des Alltags.»

So weit so schlecht für uns ältere queere Menschen, die eben keine Kinder und entsprechend keine Grosskinder haben. Aber:

«Arthur C. Brooks spricht mit seiner Aussage aber auch etwas an, das für alle Menschen essenziell ist, unabhängig, ob sie Kinder und Kindeskinder haben: Generativität. Dieser Begriff meint die Fähigkeit, Fürsorge und Interesse für andere Generationen zu zeigen.»

Generativität bedeutet somit mehr, als Kinder zu bekommen und auf Enkel zu hoffen. Tina Huber schreibt: «Unter Generativität versteht Psychoanalytiker Erik H. Erikson auch das Unterrichten sowie soziales Engagement oder Spenden. Auch Freiwilligenarbeit oder seine eigene Lebensgeschichte aufzuschreiben, sind Möglichkeiten, Wissen und Lebenserfahrung weiterzureichen.»

Somit ist Generativität weder an Eltern- noch an Grosselternschaft gebunden. Sie bedeutet, Verantwortung zu übernehmen und etwas Bleibendes zu hinterlassen, kurz: etwas zu tun, das über die eigene Existenz hinausweist.

→ Link zur Kolumne von Tina Huber (Bezahlschranke)

BernPride 2025: Friedlich und bunt

Das Motto der diesjährigen BernPride lautete «Zäme für Fröid, Widerstand und Liebi». Und so zogen dann mehrere Tausend Menschen vom Waisenhausplatz via Gerechtigkeitsgasse, Matte und Marzili auf den Bundesplatz. Und die Berner Zeitungen von Tamedia schrieben: «Die Teilnehmenden tanzten bei fröhlicher Stimmung zu Musik, die von DJs auf drei Demowagen gespielt wurde. Einzig das Wetter passte nicht so recht ins Stimmungsbild».

Und tatsächlich regnete es ausgerechnet während der Rede von Anna Siegenthaler und mir, die wir für queerAlternBern halten durften, sehr heftig. Trotzdem ist unsere Rede offenbar sehr gut angekommen. So quatschte mich nach der Rede eine junge Person an, die mir sagte, dass sie meine Worte sehr berührten.

Der vollständige Wortlaut der Rede (PDF)

Nebst dem Feiern der Vielfalt wurden an der diesjährigen Ausgabe der BernPride auch politische Forderungen gestellt, die ich 1:1 unterstütze:

  • die Erweiterung der Rassismusstrafnorm auf trans* und intergeschlechtliche Personen
  • die Option eines dritten Geschlechtseintrags
  • ein Verbot von Konversionstherapien
  • eine Verbesserung der rechtlichen Situation von Regenbogenfamilien
  • ein gleichberechtigter Zugang zur Fortpflanzungsmedizin
  • mehr sichere Orte für die queere Community – insbesondere auch in der Gesundheitsversorgung

«TRYGG» – «SICHER

Es wird viel darüber diskutiert, was die Regenbogenfarben bedeuten. Die Antwort ist ganz einfach: Zu zeigen, wer du bist – oder zu wem du stehst – ist nicht nur Dekoration. Es bedeutet, dass du einen Platz in der Gesellschaft hast, dass du dazugehörst und dass du sicher bist.

Es braucht nicht viel, um Grosses zu bewirken. Das beweist der bewegende Clip «TRYGG» – oder auf deutsch «SICHER» – der Oslo Pride mit grosser emotionaler Wirkung. In zwei Minuten vermittelt der Clip, wie kleine Symbole, die Unterstützung für queere Menschen zeigen, im Alltag Sicherheit geben können.

Der Film hat bereits weltweit eine beeindruckende Beachtung erzielt. Auf Instagram und Facebook wurde er über acht Millionen Mal angesehen, erhielt mehr als Tausende von Likes und wurde über 47’000 Mal geteilt.

«Was uns am meisten beeindruckt, sind die Kommentare. Die Leute erzählen ihre eigenen Geschichten und danken dafür, dass der kurze Clip zeigt, was viele queere Menschen erleben», sagt Rohan Fernando, Kommunikationsverantwortlicher der Oslo Pride.Die Menschen rund um die Oslo Pride waren selbst für Idee, Drehbuch und Regie verantwortlich. Lediglich die Produktion selber wurde von Profis durchgeführt. Die Schauspieler*innen sind Mitglieder der Oslo Pride.«Wir wollten zeigen, wie das Tragen eines Regenbogenarmbands, einer Anstecknadel oder eines Aufklebers in einer schwierigen Situation tatsächlich ein wenig Sicherheit geben kann – dass du selbst etwas bewirken kann», sagen die Drehbuchautoren und Regisseure des Films, Rohan Fernando und Adrian Prent.

Kleine Symbole mit grosser Bedeutung

Eine Regenbogenfahne, ein Unterstützungsband, ein Schlüsselband, ein Pin oder ein Aufkleber sind mehr als nur Dekoration. Sie sind sichtbare Zeichen der Zugehörigkeit und Sicherheit. Wenn du zeigst, wer du bist oder zu wem du stehst, kann das jemandem viel bedeuten.

→ Link zur Oslo Pride